Die Ratsfraktion DIE LINKE/Die PARTEI ist äußerst irritiert über das Statement des Kieler Oberbürgermeisters Ulf Kämpfer unter dem Titel „Für einen neuen Konsens in der Kieler Verkehrspolitik“, das er gegenüber den Kieler Nachrichten abgegeben hat.
Dazu erklärt Fraktionsvorsitzender Björn Thoroe:
„Zum einen liegt das lang angekündigte DEGES-Gutachten ganz offensichtlich der Verwaltung inzwischen vor und womöglich auch einzelnen Ratsfraktionen, uns als Oppositionsfraktion aber leider noch nicht. Es kann nicht sein, dass wir so wichtige Informationen für die Kieler Zukunft schon wieder nur stückchenweise über Umwege oder die Zeitung erhalten. Noch gravierender finden wir aber, dass sich der Oberbürgermeister in diesem Statement ganz ausdrücklich direkt gegen einen Ratsbeschluss stellt!“
In seinem Statement fasst Kämpfer gegenüber den Kieler Nachrichten sein Fazit aus dem DEGES-Gutachten zur Südspange, Ostuferentlastungsstraße und B 404-Ausbau auf Kieler Stadtgebiet zusammen. Das DEGES-Gutachten (das der Ratsfraktion DIE LINKE/Die PARTEI bislang weder vollständig noch auch nur in Auszügen vorliegt) empfiehlt offenbar, dass die Südspange nicht gebaut werden soll. Wenig überraschend kommt auch der Oberbürgermeister daraufhin zu dem Schluss, dass eine Realisierung von Südspange und Ostuferentlastungsstraße nicht mehr realistisch ist. Das entspricht auch den Forderungen eines Ratsbeschlusses aus dem September des vergangenen Jahres (Drs. 0904/2023, „Entlastung Ostufer und Anbindung Kieler Süden; Alternativantrag zu Drs. 0620/2022“). Ganz anders aber sieht es bei dem Ausbau der B 404 aus. Hier sieht das Gutachten offenbar den vierspurigen Ausbau als Autobahn A 21 bis zum Barkauer Kreuz mit den entsprechenden Nebenstrecken für Verkehre unter 60 km/h vor. In seinem Statement stellt sich Kämpfer hinter dieses Vorhaben und fordert sogar, dass auch hier „Kiel stärker mit einer Stimme sprechen“ solle. Damit richtet sich der Oberbürgermeister direkt gegen den Beschluss aus dem Mai 2023 (Drs. 0463/2023, „Nachhaltige Verkehrslösungen“), in dem die Ratsversammlung mit großer Mehrheit den Verzicht auf den Ausbau als Autobahn gefordert hat.
„Ich halte tatsächlich einiges davon, wenn Kiel in Sachen Verkehrswegeplanung mehr mit einer Stimme spricht. Das würde in meinen Augen aber bedeuten, dass sich der Oberbürgermeister hinter die Beschlüsse der Ratsversammlung stellt. Diese stattdessen eigenmächtig zu verwerfen und dann noch zu erwarten, dass das widerspruchslos mitgetragen wird, offenbart ein sehr zweifelhaftes Demokratieverständnis. Da hätte ich selbst von Ulf Kämpfer Besseres erwartet! Wir bleiben bei unserer alten Forderung: Die B 404 darf auf Kieler Stadtgebiet nicht zur Autobahn ausgebaut werden. Die Zerstörung des Kieler Grüngürtels durch die dann nötigen Nebenstrecken muss verhindert werden! Die Behauptung, dass keine städtischen Kleingärten zerstört werden sollen, ist übrigens ein Taschenspielertrick. Es handelt sich bei den Kleingärten, die zerstört werden sollen nämlich um Kleingärten der Deutschen Bahn und um Privatgärten. Wir werden auch den zivilen Widerstand gegen dieses unsinnige Straßenbauprojekt unterstützen!“, stellt Thoroe abschließend klar.