Obdachlosigkeit: Kiel muss mehr tun!

Obdachlosigkeit: Kiel muss mehr tun!

Gerade in der Weihnachtszeit nehmen die Gegensätze zwischen relativem Wohlstand und krasser Armut sehr deutliche und sichtbare Formen an. Und auch die Notlagen von sehr armen Menschen haben in der kalten Jahreszeit ein noch schlimmeres Ausmaß.

„Wer durch Kiels Straßen geht kann sich des Eindrucks, dass immer mehr Menschen von zunehmender Verelendung betroffen sind, kaum erwehren. Gleich neben feiernden Menschen an den Glühweinständen der Weihnachtsmärkte trifft man auf immer mehr Menschen, die um Unterstützung in ihrer finanziellen Not bitten. Und wer am späten Abend oder frühen Morgen durch die Stadt geht, kann sich ganz persönlich davon überzeugen, dass immer mehr Menschen von Obdachlosigkeit betroffen sind und die Nacht auch im Winter im Freien verbringen müssen. Viele Menschen ohne Obdach schaffen es gar nicht mehr zu den für sie zuständigen Beratungsstellen hin. Ich befürchte, dass es in dieser Situation nur eine Frage der Zeit ist, bis wir auch in Kiel die ersten Kältetoten zu beklagen haben!“, beschreibt Ratsmitglied Björn Thoroe, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE/Die PARTEI die Situation.

„Schon in der vergangenen Wahlperiode haben die Ratsfraktion DIE LINKE und meine damalige Fraktion Die Politiker*innen gemeinsam die Anschaffung von Kälteschutz-„Iglous“[1] durch die Stadt angeregt. Das fand aber keine Mehrheit in der Ratsversammlung. Ich finde das sehr bedauerlich, denn die Kapazitäten, die wir in Kiel zur nächtlichen Unterbringung von obdachlosen Menschen haben, reichen ganz offensichtlich nicht aus. Ein Zustand, der ganz konkret Menschenleben bedroht!“, kritisiert Ratsmitglied Ove Schröter.

„Die Stadt könnte und müsste hier deutlich mehr Verantwortung übernehmen. Es reicht einfach nicht aus, wenn Sozialdezernent Gerwin Stöcken anlässlich der Öffnung des Winterquartiers für Obdachlose ausrichten lässt, dass niemand auf der Straße übernachten müsse. Das entspricht einfach nicht der Realität!“, ärgert sich auch Ratsmitglied Tamara Mazzi.

Der aktuelle Sozialbericht macht deutlich, dass die Zahl der Menschen ohne eigenen Wohnraum seit Jahren kontinuierlich steigt. Und nicht alle davon können untergebracht werden. Der Sozialbericht gibt an, dass am Jahresende 2023 33 Personen ganz ohne Obdach waren. Allerdings wird dabei nur erfasst, wer Kontakt zu einer Beratungsstelle hat. Die Dunkelziffer dürfte also deutlich höher sein. Zudem geben diese Zahlen auch nicht den aktuellen Stand wieder, sondern sind eben schon ein Jahr alt.

„Die Stadt kann sich nicht darauf ausruhen, ein Winterquartier mit zwanzig Übernachtungsplätzen bereitzustellen. Das deckt selbst nach den offiziellen Zahlen nur etwa 60 Prozent des Bedarfs. Hier muss ganz schnell nachgesteuert werden, um Schlimmeres zu verhindern!“, fordert Thoroe abschließend.


[1] „Iglou“ ist eine Notfallunterkunft für Obdachlose, die keine regulären Nachtunterkünfte aufsuchen können. Vergleiche: https://www.iglou.world/de/

Florian Jansen

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